Pilgerreisen in Bodh Gaya und Bhutan

Mit Drubwang Tsoknyi Rinpoche auf Pilgerreise in Bodh Gaya

Wir (Gerda und Barbara aus München) begannen unsere Reise am 21. Oktober 2011 von München nach Delhi, um dann nach Gaya weiterzufliegen. Und bereits hier ereignete sich das erste glückverheißende Ereignis: S.H. der Karmapa, war in der gleichen Maschine. Wir fanden das sehr aufregend und besonders, dass unser Pilgerreise so begann.

Am 24. Oktober trafen wir in Bodh Gaya auf die anderen Pilgerreisenden, wo einige bereits seit 6. Oktober unterwegs waren und die Einweihung des Nonnenklosters in Muktinath wie auch den Besuch der heiligen Orte in Nepal und Indien erlebt hatten.
Die Pilger/innen kamen aus den verschiedensten Ländern wie USA, Kanada, Argentinien, Dänemark, Schweiz, Israel, Großbritannien u.a.m. Die Zusammensetzung der Gruppe wechselte und wir schätzten, dass im Schnitt an die 100 Personen teilnahmen; die jüngsten waren ca. 9 und 11 Jahre alt und nach oben war keine Grenze gesetzt.

In Bodh Gaya fuhren wir mit Rinpoche zu dem Ort, an dinem Lord Buddha von der Maid Sujata den Milchreis angeboten bekam, den er dann auch verzehrte. Unter jenem Banyanbaum gab uns Rinpoche das erste teaching. Am nächsten Tag, am Neumond, fuhren wir nach Rajgir und erklommen den Vulture’s Peak, wo Lord Buddha das Prajnaparamita lehrte, somit den Mahayana mit der zweiten Drehung des Dharma-Rades initiierte. Rinpoche gab uns unter der heißen Sonne Indiens eine Belehrung zum Herzsutra.
Von Donnerstag bis Sonntag hatten wir jeden Tag Belehrungen im Tergar Kloster, das Yongey Mingyur Rinpoche für S.H. den Karmapa gebaut hat. Tsoknyi Rinpoche ermöglichte uns eine Audienz beim Karmapa, der uns eine Transmission von 4 Mantren gab. Sein Bruder Chökyi Nyima Rinpoche gab eine Mahamudra-Belehrung über Gampopas „The One Sufficient Path“.
Da gleichzeitig eine Konferenz in Bodh Gaya zur Zukunft des Buddhismus stattfand, waren viele Lehrer/innen da und wir hatten die Gelegenheit Dzongsar Jamyang Khyentse Rinpoche bei einer Frage und Antwort-Stunde zu erleben.
Natürlich gab Rinpoche Belehrungen, insbesondere über die vier edlen Wahrheiten, die Motivation und es gab viel Gelegenheit Fragen zu stellen. Er erinnerte uns an Mantren, die wir alle schon kannten, aber vielleicht wieder vergessen hatten wie „Be happy without a reason“; oder „Simple on the inside, complex on the outside“; oder „Have a child-like humour with a grown-up brain.“
Selbstverständlich waren wir alle teilweise mehrmals täglich in der Anlage mit der großen Stupa am Bodhibaum, um zu praktizieren und auch das Treiben zu bestaunen. Es war sehr beeindruckend, wie hingebungsvoll die vielen unterschiedlichen Gläubigen beteten. Mönche, Nonnen und Laienpraktizierende machten stundenlang Niederwerfungen auf besonderen Brettern. Am Nachmittag des Neumondtags wohnten wir bei der Stupa einer Zufluchtszeremonie, die Chökyi Nyima Rinpoche gab, bei.
Wir mussten uns immer wieder einen Ruck geben in die Straßen Bodh Gayas zurückzukehren, wo schon die Bodhi-leaf- und CD-Verkäufer auf unser Kommen warteten und uns auch die Bettler/innen ihre Hände entgegenstreckten. Der Aufenthalt in Indien war überhaupt für viele Pilger/innen eine große Herausforderung.

Mit Drubwang Tsoknyi Rinpoche auf Pilgerreise in Bhutan

Nach einer Woche in Bodh Gaya, flogen die meisten der Gruppe über Kalkutta nach Paro in Bhutan – und das war ein Weltenwechsel sonders gleichen. Die Luft war sauber, die Aussicht klar und weit. Ein großes Bild des frisch vermählten Königspaares begrüßte uns und wir wurden durch ein Plakat darauf hingewiesen, dass in ganz Bhutan Rauchverbot ist.
Jen (aus Zürich), mit dem wir im Frühjahr in Beatenberg bei Rinpoche und in der gleichen Küchen-Arbeitsgruppe waren, sowie sein sein Vater schlossen sich der Pilgerreise in Bhutan an.
Die Ehrengäste, die in Paro zu unserer Pilgergruppe dazu kamen, waren Rinpoches Mutter, sein 96-jähriger Großvater mütterlicherseits, H.E. Choegon Rinpoche, mit dem Rinpoche in seiner Jugend in Tashi Jong das Zimmer teilte, sowie Lama Tashi und Ani Dikki, eine Nonne aus Muktinath.
Acht kleine Busse brachten uns in verschiedene Quartiere. Nach dem Mittagessen besichtigten wir den Dzong 1 von Paro, der allein schon durch seine Größe und Kunstschätze sehr beeindruckend war. Im Anschluss fuhren wir zum Kyichu-Lhakhang 2, einem sehr wichtigen Kloster im Paro-Tal. Neben dem Tempel mit der äußerst heiligen Jowo-Statue war ein Tempel mit einer großen Statue von Padmasambhava, einer Statue, die Dilgo Khyentse Rinpoche darstellte, einem Kudung (Stupa) von Dilgo Khyentse Rinpoche. Der ehemalige Wohnsitz von Dilgo Khyentse Rinpoche war gleich nebenan und der ganze Ort ist besonders kraftvoll.

Am gleichen Abend hatten wir eine Audienz beim Yangsi 3 von Dilgo Khyentse Rinpoche, der uns eine kurze Belehrung über die die tiefe Bedeutung des Widmens und eine Übertragung des Sieben-Zeilen-Gebets von Padmasambhava gab. Im Schutze der Nacht fuhren wir weiter zum Kloster, wo der 9-jährige Yangsi von Nyoshul Khen Rinpoche ausgebildet wird. Tsoknyi Rinpoche war sichtlich erfreut die Wiedergeburt seines verehrten Lehrers zu treffen und es gab auch eines von vielen Gruppenfotos. Nach so vielen bedeutungsschweren Eindrücken war es Zeit zum Abendessen. Wir bekamen traditionelle Musik zu hören und Tänze zu sehen und konnten zum ersten Mal das Nationalgericht „Ema Dadsi“ 4, dass eine/n müde/n Pilger/in wieder auf die Beine bringt, kosten.

Am nächsten Tag brachen wir sehr früh auf, um reichlich Zeit für das Taktsang, das berühmte „Tiger’s nest“, den heiligsten Ort in Bhutan, zu haben. Der Ursprung des Namens beruht auf der Sage, dass Padmasambhava auf dem Rücken einer Tigerin hierher geflogen ist.
Einige Pilger/innen ritten tatsächlich auf dem Rücken eines Pferdes hoch, die anderen überwanden die 900 Höhenmeter zu Fuß. Ab der Mitte der Strecke hatten wir spektakuläre Ausblicke auf den Taktsang-Lhakhang 5, der an einem Felsabhang klebt. Bevor wir endlich zum Tiger’s nest kamen, mussten wir viele steile Stufen ab- und dann wieder aufwärts überwinden. Die verschiedenen Gompas waren prächtig ausgestattet, wir sahen die Padmasambhava Statue, die zweimal gesprochen hatte, durften einen Blick in die Höhle werfen, wo Milarepa und auch Padmasambhava meditiert hatten. Die Präsenz von Guru Rinpoche, aber auch die seiner Gefährtin Yeshe Tsogyal, war sehr stark zu spüren.
Nach dem Abstieg fuhren wir weiter zur Hauptstadt Thimphu und legten unsere müden Knochen in die Betten.

Tags darauf besuchten wir zuerst den National Memorial Chorten in Thimphu. Auf drei Ebenen waren riesige Tonstatuen zu sehen, die sowohl friedvolle als auch zornvolle Gottheiten darstellten. Die Praxis der Bhutanesen war hier offensichtlich: Viele machten Kora rund um den Stupa oder drehten die großen Gebetsmühlen nebenan.

Als nächstes besuchten wir das traditionelle Medizinmuseum, wo eine beeindruckende Anzahl Exponate von Medizinalpflanzen und deren Wirkungsart ausgestellt sowie Darstellungen der Behandlungsarten auf großen Thangkas dargestellt waren.

Wir besuchten Zorig Chusum, die Nationale Handwerksschule, wo junge Menschen verschiedenste Ausbildungen in Holzschnitzerei, Fertigen von Tonskulpturen, Webkunst, Thangkamalerei und anderen Handwerken erlernen können. Nachmittags bekamen wir einen Einblick in den Herstellungsprozess von handgeschöpftem Papier.
Wir machten einen Ausflug zum Buddha Point – hier ist der größte Buddha der Welt kurz vor der Fertigstellung und überblickt die Stadt Thimphu. Buddha Dordenma 6 erfüllt mehrere Prophezeiungen und sogar ihre Größe (knapp über 50 Meter) wurde in einem Traum von Je Khenpo bestimmt.

Am 4.11.11 machten wir uns auf den Weg nach Punakha und mussten über den Dochula Pass auf 3140 m. Hier konnten wir durch den dichten Nebel kaum die 108 Stupas sehen. Um die lokalen Gottheiten günstig zu stimmen, machte Rinpoche eine Feuer-Puja und wir hängten viele Gebetsfahnen auf. Weiter ging die Fahrt nach Lobesa, einem kleinen Ort, dessen Hausfassaden übergroße Penis-Darstellungen schmückten.
Chimi Lhakhang liegt hier, wo der „divine madman“, Lama Drukpa Kunley (1455–1529) bekannt für seine “verrückte Weisheit“ und Zähmung durch seinen „Bannstrahl“ wurde. Die Rinpoches führten eine Lange-Lebens-Zeremonie durch und es wurde für genannte Kranke gebetet. Abschließend schauten wir den prächtigen Dzong in Punakha (der ehemaligen Hauptstadt) an, der am Zusammenfluss zweier Flüsse steht. Punakha Dzong ist wie Westminster Abbey, wo alle wichtigen Zeremonien der Königsfamilie stattfinden. Rinpoche leitete eine besinnliche Meditation unter der Obhut der riesigen Buddha-Statuen an.

Ungefähr 20 Pilger/innen machten sich hier auf die Heimreise.

Die anderen brachte eine ganztägige kurvenreiche Busfahrt durch prachtvolle üppige Landschaften in das Zentrum von Bhutan. Wir machten eine kurze Unterbrechung in Trongsa, um das Ta Dzong Museum mit vielen Statuen und Antiquitäten anzuschauen.
Abends waren wir im heiligsten Tal Bhutans angekommen – in Bumthang.

Am nächsten Morgen konnten wir im Dzong von Jakar einem jährlichen Tsechu 7 beiwohnen. Ein Höhepunkt der Zeremonie war das Entrollen des hausgroßen Padmasambhava Thangkas, namens Thongdrol, wo gesagt wird, dass man bereits durch das Sehen befreit wird. Ein weiterer Höhepunkt waren die Tänzer, die in beeindruckenden Masken und farbenfrohen Kostümen barfuß tanzten. Ein nicht enden wollender Strom von Menschen drängte in den Innenhof des Dzong, um sich mit ihrem Kopf bei den verschiedenen Gottheiten des Thongdrols zu verbeugen. Beim Verlassen des Innenhofs bekamen alle Safranwasser und Tsog.

Am Nachmittag fuhren wir in das Kurjey Lhakang und machten gemeinsam eine Ganachakra Puja. Hier meditierte Padmasambhava drei Monate in einer Höhle. Wir durften die Körperabdrücke, die Guru Rinpoche an den Höhlenwänden hinterlassen hatte, sehen.

Auf dem Weg in das Tamshing Kloster machten wir Halt im Jampey Kloster, einem Maitreya-Tempel. Im Tamshing Koster waren an allen Wänden nicht restaurierte Gemälde. Hier hat sich Pema Lingpa aufgehalten und viele Schöpfungen hinterlassen. Wir sahen auch jene Padmasambhava-Statue, die durch Dakinis angefertigt wurde. Einzigartig ist, dass sie nach oben blickt und den Dakinis beim Wegfliegen zuschaut.

Am 7.11.2011 hatten wir zum ersten Mal strahlenden Sonnenschein in Bhutan. Wir fuhren in Richtung Shingkhar über den Sheylang la (Pass) und machten wieder eine ausgiebige Puja mit Rauch, Lebensmitteln und vielen Gebetsfahnen.

Unser Ziel war das auf einem Berghang liegende Tharpaling, wo sich Longchenpa während seines 10-jährigen Exils in Bhutan aufhielt. Zuerst beteten wir im Tshogkhang, einem Tempel, in dem viele Statuen von Manjushri in seinen verschiedensten Erscheinungsformen standen, in der Mitte stand eine große Guru Rinpoche Statue und an den Wänden waren wunderschöne Darstellungen von Arya Tara mit ihren einundzwanzig Schwestern.

Wir gingen ungefähr 15 Minuten bergan und kamen zum Chödrak Tempel. Die Rinpoches wurden von den Mönchen erwartet und mit Trompeten und Kataks begrüßt. Der Chödrak Lhakhang ist sehr besonders: Er wurde vom 7. Je Khenpo Ngawang Thinley gebaut und beherbergt 100 Statuen des elfköpfigen Avalokiteshvara. Er ist ein sehr wichtiger und heiliger Platz für Avalokiteshvara. Spontan führten die Rinpoches eine Ganachakra Puja durch. Rinpoche empfahl großzügig Spenden für die Mönche und das Kloster zu geben, damit sie ihr alljährliches Drubchen durchführen können. Es kam eine ansehnliche Summe zu Stande.

Noch einmal machten wir uns auf den Weg bergan zu einem kleinen Tempel, der das Kudung (Stupa) von Nyoshul Khen Rinpoche beherbergte.
Wir waren noch am Rezitieren, als schwarze Wolken über den Berg zogen und der Donner grollte. Nachdem wir geendet hatten, war alles mit Schneekörnern bedeckt, was den Abstieg rutschig machte. Diese außergewöhnlichen Wetterverhältnisse, auf der einen Seite Donner und Hagel und auf der anderen Seite Sonne und stechend blauer Himmel lösten in uns allen beglückende Gefühle und Staunen aus. Zu diesem glücksverheißendem Zeichen kommentierte Tsoknyi Rinpoche: „Nyoshul Khen Rinpoche ist sehr kraftvoll.“ Die guides und die Fahrer hatten ihren Spaß bei einer Schneeballschlacht.

An unserem letzten Tag in Bumthang besuchten wir den Barchey Künsel Tempel. Tsoknyi Rinpoches Vater Tulku Urgyen hatte damals den Tempel neu eingeweiht und ein Drubchen zur Barchey Künsel Praxis über mehrere Monate durchgeführt. Als Verbindung leitete Tsoknyi Rinpoche eine kurze Barchey Künsel Praxis, als der Tempel mit sichtbaren Sonnenstrahlen sanft und zauberhaft beleuchtet wurde. Anschließend besuchten wir ein neues Nonnenkloster namens Pema Chöling 8, das unter der Leitung von Gangteng Tulku Rinpoche, der aktuellen Verkörperung von Pema Lingpa, steht. In unmittelbarer Nähe des Klosters war Mebartso, „der brennende Teich“, wo Pema Lingpa ein Wunder unter vielen Augen bewirkte.

Der lange Rückweg nach Paro dauerte eineinhalb Tage. Wir durften die Landschaft und die Bergriesen des Himalaya bei strahlendem Sonnenschein erleben und hatten das Gefühl, dass sich auf dieser Reise auch unser verwirrter Geist geklärt und entnebelt hatte.

Wir sind voller Dankbarkeit, dass wir mit Tsoknyi Rinpoche, seiner Mutter und seinem Großvater sowie Choegon Rinpoche, Lama Tasi und Ani Dikki diese Pilgerreise machen konnten. Dank ihrer inspirierenden Anwesenheit konnten wir viele heilige Stätten besuchen und viele Wunschgebete, Opfergaben und Widmungen für uns und alle Wesen machen.

Wir waren und sind nach wie vor fasziniert, wie Gerardo Abboud (Rinpoches argentinischer Dolmetscher für Englisch und Spanisch) und seine Tochter Sofia alles so umsichtig organisiert haben und uns damit viele Erfahrungen ermöglichten. Eine kleine Gruppe von Argentinier/innen filmte die Pilgerreise von Muktinath bis Bhutan und neben einem umfangreichen Reisebericht auf Pundarika.org wird es auch eines Tages einen Film geben. Somit kann sich jede/r (wieder) anschließen.

Tsoknyi Rinpoches Botschaft: „Während der Pilgerreise habe ich immer wieder an alle meine Schüler/innen gedacht und für sie gebetet, ganz egal ob sie auf dieser Reise dabei waren oder nicht. In diesem Sinne seid ihr alle bei mir gewesen, und wir sind gemeinsam zu diesen heiligen Stätten gereist.“

Kusuzangpo

Gerda, Barbara und Jen

NB: Wir bitten um Nachsicht für alle Fehler – welcher Art auch immer – die wir gemacht haben. Mögen sie keinerlei Eindruck in eurem Geist hinterlassen.

 

Fußnoten:
1 „Dzongs sind Klöster und Festungen zugleich, aber auch Verwaltungsgebäude der jeweiligen Lokalregierungen. Sie bilden somit die religiösen und politischen Zentren der zwanzig Provinzen und Verwaltungsbezirke im ‚Land des Donnerdrachens‘ und symbolisieren die Geschichte des seit Jahrhunderten unabhängigen Landes.“ (Matthieu Ricard: „Bhutan“; S. 91)
2 Lhakhang ist ein Tempel/Heiligtum
3 Yangsi ist die Reinkarnation eines Rinpoches
4 Ema Dadsi: Chilischoten in einer Yak-Käse-Soße, sehr scharf und schmackhaft
5 Taktshang-Lhakang ist ‚Tiger‘s nest‘ und liegt auf ca. 3000 Höhenmetern
6 Siehe auch: http://www.buddhadordenma.org
7 Tsechu: alljährlich stattfindendes Fest, das an den Geburtstag von Padmasambhava erinnern soll, es dauert zwischen 3-5 Tagen
8 Siehe auch: http://www.pemacholing.org

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